Die Zamonien-Romane von Walter Moers sind nicht nur von Autorfiguren wie etwa Hildegunst von Mythenmetz bevölkert, auch in den paratextuellen Rahmen ist die Funktion ›Autorschaft‹ präsent.
Auf der Ebene der Diegese der Stadt der Träumenden Bücher werden (1) historische Autorschaftsmodelle (poeta doctus, Genie, scripteur etc.) miteinander kontrastiert und in ein unauflösliches Amalgam überführt, in dem Literatur zum totalen mashup-Phänomen wird. Die darin sich manifestierende ›Poetik der Kopie‹ wird (2) in den Bereich der (Pseudo-)Paratexte überführt, wo Walter Moers nicht die Rolle des Verfassers einnimmt, sondern sich auf die Position des Übersetzers zurückzieht. Die Tradition der Herausgeberfiktion wird über die Titelblätter hinaus auch in den epitextuellen
Interviews abgerufen, wo der Autor Mythenmetz mit seinem Übersetzer Moers über dessen Akkuratesse streitet. Schließlich wird ›Autorschaft‹ (3) auch ex negativo in dem Versteckspiel von Moers sichtbar: Der Verfasser generiert Aufmerksamkeit für sein Werk nicht durch seine mediale Dauerpräsenz, sondern gerade durch das Geheimnis, das er aus seiner Person macht. Auf verschiedenen Ebenen (Diegese – Peritext – Epitext) sind also Autoren beteiligt, deren Handeln von konkurrierenden Instanzen infrage gestellt wird. Auf der Ebene der Diegese dient dieses Verfahren der Kontrastierung verschiedener poetologischer Konzepte, während das (4) vielstimmige Neben- und Gegeneinander des schweigsamen Moers und des wortreichen Mythenmetz in den Interviews eine Strategie zur Aufmerksamkeitssteigerung in der literarischen Öffentlichkeit darstellt.
Bibliografische Angabe
Gerrit Lembke: Vielstimmiges Schweigen. Auktoriale Inszenierung bei Walter Moers. In: Theorien und Praktiken der Autorschaft. Hg. v. M. Schaffrick u. M. Willand. Berlin/Boston 2014, 461–484.